Antrag der Stadtratsfraktion Bad Wörishofen wegen Bekanntgabe nicht-öffentlicher Beschlüsse

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Welzel,

da unser Fraktionsvorsitzender Wolfgang Hützler immer noch krank ist, schreibe ich Ihnen als stellvertretenderFraktionsvorsitzender im Auftrag der Freie Wähler Stadtratsfraktion.

Die Freie Wähler Stadtratsfraktion von Bad Wörishofen beantragt hiermit gemäß § 23 der Geschäftsordnung, dass der Erste Bürgermeister auf die nächste, in jedem Fall aber innerhalb von 3 Monaten, öffentliche Tagesordnung des Stadtrates folgenden ANTRAG der Freie Wähler
Stadtratsfraktion setzt:

Der Erste Bürgermeister wird verpflichtet, die seit seinem Amtsantritt in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse und auch alle künftig gefassten Beschlüsse der Öffentlichkeit bekanntzu geben, sobald die Gründe der Geheimhaltung weggefallen sind.

Begründung:

Die in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse hat der Erste Bürgermeister der Öffentlichkeit bekannt zu geben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind (Art. 52 Absatz 3 der Gemeindeordnungund § 21 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Bad Wörishofen).

Dieser Verpflichtungsind Sie als Erster Bürgermeister seit Ihrem Amtsantritt trotz mehrerer Anfragen unseres Fraktionsmitgliedes BGM a.D. Paul Gruschka in Stadtratssitzungen nicht nachgekommen.

Die Freie Wähler Stadtratsfraktion fühlt sich verpflichtet, in Erinnerung zu rufen, dass nach dem Demokratieprinzip Stadtratssitzungen grundsätzlich öffentlich stattzufinden haben (Art. 52 Absatz 2 Gemeindeordnung). Dies gilt auch für beschließende Ausschüsse. Der Regelfall ist die öffentliche Sitzung!

Die Behandlung in nicht-öffentlicher Sitzung ist die Ausnahme und bedarf daher einer besonderen Begründung, die regelmäßig bei Personalangelegenheiten in Einzelfällen, Grundstücksangelegenheiten und Angelegenheiten des Sozial- oder Steuergeheimnisses vorliegt.

Die Geheimhaltung gilt aber auch hier nur, solange es dafür sachliche Gründe gibt. Daher ist die Bekanntgabe des Beschlusses bei späterem Wegfall der Geheimhaltungsgründe zwingend vorgeschrieben. Wenn z.B. ein Grundstücksgeschäft beschlossen ist, gibt es keinen Grund mehr diesen
Beschluss der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Wenn z.B. ein Auftrag erteilt wurde, gibt es keinen Grund mehr die Auftragsvergabezu veröffentlichen.

Ihre mehrfach geäußerte Rechtsauffassung, dass sie als Bürgermeister bestimmen, was nichtöffentlich zu bleiben hat, geht fehl. Dies entscheidet das Recht. Sonst könnten sich die Verantwortlichen bei unangenehmen oder unpopulären Dingen hinter der Nichtöffentlichkeit verstecken.

Selbstverständlich geht die Stadtratsfraktion Freie Wähler davon aus, dass nur der gefasste Beschluss bekannt zu geben ist. Der Inhalt und der Verlauf der Beratung, das Abstimmungsverhältnis, das Abstimmungsverhalten einzelner Stadtratsmitglieder, die einzelnen Wortbeiträge und sonstigen
Geschehensabläufe der nicht-öffentlichen Sitzung dürfen nicht bekanntgegeben werden und insoweit sind die Stadträte zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Über das, was bereits öffentlich bekannt ist, darf aber gesprochen werden.

Zuständig für die Bekanntgabe sind allein sie als der Erste Bürgermeister. Ob die Gründe der Geheimhaltung weggefallen sind, ist eine RECHTSFRAGE, so dass kein Raum für Entscheidungsalternativen bleiben. Der Stadtrat kann Ihnen die eigene Auseinandersetzung mit diesen
Rechtsfragen auch nicht abnehmen.

Wir Stadträte und auch die Öffentlichkeit haben einen Anspruch auf Transparenz welche nichtöffentlichen Beschlüsse mit welchem Inhalt veröffentlicht wurden. Laut der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes hat auch die Presse einen Anspruch gegen sie als Bürgermeister auf Auskunft, welche Beschlüsse in nicht-Öffentlicher Sitzung gefasst wurden.

Im Rechtsleben müssen die Beschlüsse der Bürgerschaft unverzüglich vorliegen, da diese sonst Gestaltungen vornehmen, die entgegen der aktuellen Beschlusslage des Stadtrates stehen, was erhebliche Schadenersatzansprüche auslösen kann.

Ich bitte Sie, diesen Antrag allen Stadträten unverzüglich weiterzuleiten. Dieses Schreiben wurde elektronisch erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Vögele
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Freie Wähler
Stadtratsfraktion Bad Wörishofen