Zu der Sitzung des Stadtrates vom 19.03.2018 war die Rechtsaufsicht des Landratsamtes Unterallgäu erschienen.
Zum Tagesordnungspunkt Überblick über den Haushalt 2018 ist mir folgendes wichtig:
Die Stadt Bad Wörishofen wuchs in den letzten 7 Jahren durchschnittlich pro Jahr um ca. 300 Personen. Am 30.06.2017 waren wir 16.185 Einwohner. Dies stellt ständig neue Anforderungen an unsere Infrastruktur (z.B. Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen, Hort, Feuerwehr, JUZE, Förderung der Vereine usw.), die auch Geld kosten.
Der Fremdenverkehr mit 125 Übernachtungsbetrieben und 3.908 Betten ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und erfordert einen leistungsfähigen Kur- und Tourismusbetrieb, der natürlich auch Geld kostet. Unsere Gästezahlen 2017 stiegen auf ca. 148.300 (Vorjahr 147.950), die Übernachtungszahlen fielen auf 687.592 (Vorjahr 700.910). Der Trend zum Kurzurlaub ist vielen Kur- und Tourismusorte im In- und Ausland bekannt und ich setzte mich mit unserem Kur- und Tourismusbetrieb dafür ein, diesen Trend zu Gunsten unserer Kurstadt zu ändern.
Der Ergebnishaushalt ist im Wesentlichen ausgeglichen (Erträge ca. 34,8 Mio. EUR, Aufwendungen ca. 34,7 Mio. EUR).
In den Erträgen sind aber Schlüsselzuweisungen des Freistaates von 3.048.700 EUR enthalten, ohne diese Zuschüsse für finanzschwache Gemeinden wäre der Haushaltsausgleich nicht möglich.
In den Aufwendungen sind bilanzielle Abschreibungen von 3.441.200 EUR enthalten, die uns ohne die vor meiner Amtszeit eingeführte Doppik nicht belasten würden.
Im Finanzhaushalt aus Investitionstätigkeit klafft eine erhebliche Lücke von ca. 3,5 Mio. EUR.
Der Haushaltsentwurf sah daher für den Haushalt 2018 eine Kreditaufnahme von 2.766.300 EUR vor. Für mich der Grund den Entwurf vorläufig nicht zu unterschreiben, schon wegen der Pflicht zur Haushaltskonsolidierung und weil bei dem Schuldenanstieg keine Trendwende möglich war!
Der Fremdenverkehrsbeitrag beträgt 2016 ca. 1.4 Mio. EUR (2015: 975.000 EUR) und 2017 ca. 1,37 Mio. EUR.
Die Grundsteuer A für Land- und Forstwirtschaft und die Grundsteuer B für die übrigen Grundstücke und deren Hebesatz von 330% halte ich für normal und diese sollten so bleiben, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht noch mehr belastet werden. Wenn die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt werden, steigen die Bruttomieten.
Die Gewerbesteuer trifft nur Gewerbebetriebe, die Gewinn machen und über dem Freibetrag liegen (von 1.754 Betrieben in Bad Wörishofen zahlen daher 73% keine Gewerbesteuer). Sie trifft also nur die Unternehmen, denen es wirtschaftlich gut geht. In Bad Wörishofen betrug die Gewerbesteuer 2017 ca. 7,3 Mio. EUR.
Der Mindesthebesatz beträgt 200%. Der vor meiner Amtszeit beschlossene Gewerbesteuerhebesatz ab 01.01.2014 von 240% ist deutlich unter dem Nivellierungshebesatz von 310% und auch unter dem für Haushalts-konsolidierungen empfohlenen Hebesatz von 319% für Städte unserer Größe.
Wir nehmen bei 240% natürlich weniger ein als bei 319% und uns bleibt netto weniger übrig wegen der Gewerbesteuerumlage an Bund und Land (Hebesätze unter dem Nivellierungshebesatz von 310% berechnen die Gewerbesteuer-umlage aus höhere Einnahmen, Hebesätze über dem Nivellierungshebesatz von 310% aus geringeren Einnahmen). Darauf haben uns das Landratsamt Unterallgäu und der Bayerische Kommunale Prüfungsverband hingewiesen.
Mindelheim hat deutlich höhere Gewerbesteuereinnahmen (2018: ca. 16,5 Mio. EUR) und vermeidet mit ihrem Hebesatz von 315% genau diese Nachteile.
Die in Mindelheim ansässige Firma Grob beklagt sich nicht über den Hebesatz von 315% und auch in Memmingen bezeichnen Unternehmer den Hebesatz von 330% als gesund für Stadt und Unternehmen.
Angesichts der großen Investitionen, die in Bad Wörishofen anstehen, habe ich mich daher im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger für eine Anpassung des Gewerbesteuerhebesatzes in Richtung eines normalen Hebesatzes eingesetzt. Unter Abwägung der Interessen der Unternehmen und der Stadt Bad Wörishofen habe ich einen Gewerbesteuerhebesatz von 280% vorgeschlagen. Die Unternehmen haben jetzt 4 Jahre von dem niedrigen Hebesatz profitiert und würden mit 280% nicht übermäßig belastet. Der Hebesatz von 319% wäre zwar notwendig, kann aber wegen des Übermaßverbotes wohl nicht auf einmal eingeführt werden. Die Stadt Bad Wörishofen und der Zweckverband Interkommunaler Gewerbepark A96 blieben auch mit 280% konkurrenzfähig. Zudem wäre dieser Hebesatz auch solidarisch mit unseren Nachbargemeinden.
Der Chef von TRICOR Herr Müller hatte aus dem Zuschauerraum lautstark das Folgende verkündete: „Ich bin hier der größte Gewerbesteuerzahler und Sie können sicher sein: Wenn der Hebesatz steigt, bleibt der Betrieb hier, aber die Steuern gehen weg.“
Vielen Stadtratsmitgliedern war das Risiko einer Erhöhung zu groß. Dabei hatte Herr Müller nicht gesagt, wieviel Gewerbesteuer er pro Jahr bezahlt.
Ich wies darauf hin, dass die Stadträte auch das Risiko sehen müssen, wie lange die Stadt diesen niedrigen Hebesatz durchhalten kann.
Frau Dr. Hofer wies darauf hin, dass 4 Jahre mit diesem niedrigen Hebesatz noch ein zu kurzer Zeitraum sei und wenigstens noch die nächsten 2 – 3 Jahre abgewartet werden sollten. Dann müsse sich aber das Gewerbesteuer-aufkommen auch deutlich steigern.
Leider hat der Stadtrat gegen meine Stimme den Tagesordnungspunkt Gewerbesteuererhöhung abgesetzt.
Bei der Stadtratssitzung vom 21.03.2018 wurde dann der Haushalt 2018 beraten.
Es konnte Einigkeit erzielt werden, dass kein neues Verkehrskonzeptgutachten für ca. 50.000 EUR in Auftrag gegeben wird, sondern der Betrag für die Lösung der Situation an der Pescatore-Kreuzung und die Markierung der Fahrradstraßen stehen bleiben soll.
Weiterhin forderte ich angesichts der Haushaltslage die Beauftragung eines Gutachters für ein Stadtentwicklungskonzept zu schieben, da voraussichtlich Gutachterkosten von ca. 100.000 EUR anfallen und wir in den nächsten Jahren nicht das Geld haben Maßnahmen, die ein Gutachter vorschlägt umzusetzen. Gegen meine Stimme bestand die Stadtratsmehrheit darauf, diese 100.000 EUR für Gutachterkosten für ein Stadtentwicklungskonzept stehen zu lassen.
Geradezu traurig war der Versuch die Verfügungsmittel des Bürgermeisters noch weiter zu kürzen. Ich hatte diese von den bisher bei der Stadt Bad Wörishofen üblichen 20.000 EUR als mein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung selbst schon auf 8.000 EUR gekürzt. Dies war aber etwas zu knapp. Ich habe z.B. 2017 ca. 8.260 EUR gebraucht. Immerhin ist die Stadtratsmehrheit meinem Vergleichsvorschlag die Verfügungsmittel im Haushalt mit 15.000 EUR einzuplanen gefolgt. Die Verfügungsmittel setzte ich überwiegend für soziale Zwecke und Vereinsjubiläen ein.
Erfreulich ist auch, dass endlich den Planungskosten für die Erneuerung der 40 Jahre alten Schulküche zugestimmt wurde, weil diese Umbaumaßnahmen möglichst noch in den Sommerferien erfolgen sollen.
Nach Kürzungen in der Größenordnung von ca. 300.000 EUR beträgt die Kreditaufnahme nun 2.298.300 EUR.
Beim Stellenplan beantragte Herr Hölzle überraschend die Schaffung einer A14 Stelle, die es bei der Stadt Bad Wörishofen bisher nicht gab. Dies wurde ohne jegliche Vorbereitung durch die Verwaltung gegen meine Stimme beschlossen.
Beim Stellenplan beantragte Herr Vater Änderungen bei der Stelle der Kurdirektion, was aber mehrheitlich abgelehnt wurde.
Trotz der Kreditaufnahme von ca. 2,2 Mio. EUR, einer Nettoneuverschuldung von 1.101.000 EUR und keiner Tilgung unserer Altschulden wurde der Haushalt 2018 mit meiner Stimme dann beschlossen.
Bei einer Anpassung der Gewerbesteuer hätte meines Erachtens die Neuverschuldung vermieden werden können und je nach Hebesatz sogar eine Tilgung der Altschulden erreicht werden können.
Eine Haushaltskonsolidierung ist mit dem Hebesatz von 240% derzeit nicht zu schaffen. Die mir bekannten Konsolidierungskonzepte hatten stets weit höhere Realsteuersätze.
Die Stadt Bad Wörishofen konnte daher auch in diesem Jahr den Trend des Schuldenanstiegs nicht stoppen bzw. Schulden abbauen.
Der Haushaltsplan 2018 wird jetzt dem Landratsamt Unterallgäu zur Genehmigung vorgelegt.
Paul Gruschka
Erster Bürgermeister
Stadt Bad Wörishofen