Warum Erster Bürgermeister Paul Gruschka dem Stadtrat von Bad Wörishofen am 20.05.2019 empfahl einen Antrag auf Stabilisierungshilfe zu stellen.

Die Antwort in einem Satz wäre: Bürgermeister Paul Gruschka will den Investitionsstau abarbeiten können und gleichzeitig die Verschuldung zurückführen.

Die ausführliche Antwort lautet wie folgt:

Der Freistaat Bayern stellt Kommunen ab 2019 Stabilisierungshilfen zur Schuldentilgung und als Investitionshilfen zur Verfügung, wenn bis 03.06.2019 ein Antrag des Stadtrates gestellt wird. Der Antrag setzt eine strukturelle Härte, finanzielle Härte und Konsolidierungswillen voraus. Daher auch durch-schnittliche Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer.

 

Die Stadt Bad Wörishofen erhält ohnehin seit Jahren Haushaltsgenehmigungen des Landratsamtes Unterallgäu nur noch unter der Auflage der Haushalts-konsolidierung. Letztmals für das Haushaltsjahr 2018. Die Haushaltslage ist angespannt. Eine Erhöhung der Einnahmen bei Abgaben und Steuern ist unumgänglich. Aufgrund des Selbstverwaltungsrechtes hat die Stadt selbst zu entscheiden. Der weit unter dem Landesdurchschnitt liegende Gewerbesteuer-hebesatz von 240% wurde bemängelt. Hierdurch verzichtet die Stadt auf erhebliche Steuereinnahmen. Wegen dem Nivellierungshebesatz von 310% ergeben sich Nachteile bei den Schlüsselzuweisungen und bei der von der Stadt zu bezahlenden Kreisumlage und Gewerbesteuerumlage. Die Steuerkraft lag 2018 weit unter dem Landesdurchschnitt. Der Schuldenstand liegt deutlich über dem Landesdurchschnitt. Schon 2018 standen für die Jahre 2019 – 2021 weitere Investitionen von rund 15 Mio. EUR an, was voraussichtliche Kreditaufnahmen von rund 9 Mio. EUR erfordert hätte. Trotz Anerkennung aller bisherigen Konsolidierungsbemühungen wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt weiterhin einschneidende Entscheidungen fällen muss, um ihre Pflichtaufgaben erfüllen zu können.

 

Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) hat in seinem Bericht vom 10.08.2016 der Jahresabschlüsse 2010 bis 2014 unter anderem auch Anmerkungen zur Haushaltskonsolidierung gemacht. Eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes würde die Nettoeinnahmen der Stadt deutlich verbessern. Der Landesdurchschnitt des Gewerbesteuerhebesatzes für eine Stadt unserer Größe lag damals bei 319,7%.

 

In der Stadtratssitzung vom 19.03.2018 hat Bürgermeister Gruschka eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes zur Debatte gestellt und eine moderate Anpassung auf 280% ab 01.01.2018 empfohlen, um wenigstens teilweise die Nachteile beim kommunalen Finanzausgleich zum mindern. Dieser Tagesordnungspunkt wurde durch Mehrheitsentscheidung abgesetzt.

 

Der nun beschlossene Haushaltsentwurf 2019 kommt nicht ohne eine Kreditaufnahme von 2.000.000 EUR aus. Davon müssen 974.900 EUR für die den Banken geschuldete Tilgung der städtischen Darlehen verwendet werden. Deshalb beträgt die sogenannte Nettoneuverschuldung 1.025.100 EUR. Unsere Schulden steigen also voraussichtlich im Jahr 2019 von ca. 15,5 Mio. EUR auf ca. 16,5 Mio. EUR. Die Pro-Kopf- Verschuldung steigt voraussichtlich von ca. 978 EUR auf ca. 1.043,13 EUR. Der Landesdurchschnitt für eine Stadt unserer Größe liegt bei ca. 686 EUR.

 

Eine echte Tilgung, die die städtischen Schulden tatsächlich verringert erfolgt nicht, denn in Höhe der Tilgung werden neue Schulden gemacht! Wenn bei dem derzeit extrem niedrigen Zinsniveau keine Tilgung erreicht wird, wann dann?

 

Ein Haushalt ohne Neuverschuldung wurde zwar angestrebt und von Bürgermeister Gruschka und der Rechtsaufsicht stets gefordert, aber keine Trendwende bei der Schuldenentwicklung erreicht. Dies trotz einmalig hoher Gewerbesteuer von ca. 9,1 Mio. EUR und Rekordbeiträgen beim Fremdenverkehrsbeitrag von ca. 2,2 Mio. EUR im Jahr 2019.

 

Die schwierigen und vielen Haushaltberatungen 2019 zeigen dies klar. Der erste Entwurf der Kämmerei wurde von dieser für „nicht genehmigungsfähig gehalten“. Erst nachdem der Stadtrat eine Streichliste seiner Beschlüsse beschloss, gelang es einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, leider mit der beschriebenen Erhöhung der Schulden.

 

Einen Schuldenabbau schafften nur die Stadtwerke und der Zweckverband Interkommunaler Gewerbepark. Die Stadtwerke tilgen ihre Schulden und nehmen keine Darlehen auf. Der Zweckverband Interkommunaler Gewerbepark wird 2019 voraussichtlich schuldenfrei sein.

 

Die Stadt Bad Wörishofen hat während der Amtszeit von Bürgermeister Gruschka ihre sonstigen Einnahmemöglichkeiten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschöpft. Diverse Satzungen wurden maßvoll angepasst.

 

In den neuen Stabilisierungshilfen sehe ich eine Chance, bei der Stadt Bad Wörishofen einen Schuldenabbau zu erreichen und den Investitionsstau aufzulösen. Andere namhafte Kurorte nehmen diese Hilfen auch in Anspruch. Diese Chance will ich ergreifen. Dabei ist für mich wichtig der Erhalt unserer bestehenden Strukturen, also der Erhalt unseres Kurbetriebes, unseres Freibades, unseres Eisstadions, die Vereinsförderung usw …

 

So erfreulich die Entwicklung der städtischen Steuereinnahmen 2019 auch ist, so darf jetzt nicht der Blick in die Zukunft vergessen werden. Die Erhöhung der Steuerkraft führt zu entsprechend geringeren Einnahmen bei den Schlüsselzuweisungen. Es kann nicht erwartet werden, dass sich die erfreuliche Entwicklung fortsetzt. Zum einen, weil unser Steueraufkommen durch Einmalzahlungen gestiegen ist. Zum anderen aufgrund der internationalen Anzeichen der Konjunktur wie Brexit, Handelsstreit USA/China, Zölle usw…

 

Die Ausgaben für Städte steigen zudem im Sozialbereich, Kinderbildung- und Betreuung, Pflege, Digitalisierung usw…

Da die Steuerschätzer die Steuereinnahmen nach unten korrigieren, gilt es Vorsorge für die schlechtere Konjunkturphase zu treffen.

So auch Städtetag und Gemeindetag in ihren jüngsten Veröffentlichungen.